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Veranstaltungsberichte

Demokratie und Diktatur – ein Vergleich

von Luis Brückner

mit Marko Martin am Werner-von-Siemens-Gymnasium

Der Unterschied zwischen Freiheit und Unfreiheit beginnt nicht in der großen Politik, er zeigt sich oft schon im Privaten. Die Lebensgeschichte von Marko Martin macht deutlich, was es bedeutet, in einer Diktatur für seine Überzeugungen einzustehen – und welcher Auftrag sich daraus für den Einsatz um die Demokratie heute ergibt.

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„Westkaffee“ gibt es zum Gespräch in der Bücherei der Schule, wie Marko Martin freudig feststellt. Knapp 30 Schülerinnen und Schüler haben sich an diesem Morgen dort eingefunden, um für eineinhalb Stunden den Erzählungen des DDR-Zeitzeugen zu folgen. Der 53-Jährige – heute bekannt für Bücher wie „Dissidentisches Denken“ – wurde 1970 in Sachsen geboren. Als in der Schule die Anmeldeformulare für die Jungpioniere herumgereicht wurden, nahm er keines davon mit nach Hause. Seine Eltern hätten es ihm immer freigestellt der FDJ beizutreten, erzählt er heute, doch er wollte nicht. Was in der Demokratie als freie Entscheidung vermutlich nicht weiter kommentiert worden wäre, sorgte bei Martin dafür, dass seine Schullaufbahn eine andere Richtung einschlug. Während die Jugendlichen im Publikum in diesem Jahr ihre Kurse für das Abitur wählen, hatte der 10. Klässler Marko Martin keine Chance mehr, durch eigene Leistung die Abiturzulassung zu erreichen. Durch den Fakt, dass er anders dachte, als von der Regierung vorgegeben, war sein Weg bereits vorgezeichnet. So musste er erst seinen Traum, Abitur zu machen, aufgeben, später in der staatlichen Berufsberatung stellte er dann fest, dass es auch hier nicht um seine Fähigkeiten und Interessen ging, sondern die Berufsmöglichkeiten für ihn als „politisch instabiles Element“ schon vorgegeben waren. Als er in Folge seiner Kriegsdiensttotalverweigerung auch noch seinen Ausbildungsplatz als Elektrotechniker verlor, blieb ihm nur noch der Job als Straßenreiniger – und die Erkenntnis, dass er so in der DDR nicht weiter leben wolle.

 

Die neue Studie „Jugend in Deutschland“, die einen Tag vor der Zeitzeugenveranstaltung in der Bibliothek veröffentlicht wurde, zeigt: Die junge Generation blickt so pessimistisch wie nie in die Zukunft. Viele Jugendliche plagt die Angst vor den politischen Krisen unserer Zeit, davon profitieren vor allem Populisten am extremen rechten Rand. Veranstaltungen wie diese sollen dabei zeigen, warum es wichtig ist, die Demokratie zu schützen und trotz aller Krisen der Verlockung populistischer Lösungen zu widerstehen. Die Schülerinnen und Schüler fragen in einer moderierten Fragerunde nach Möglichkeiten, diesem Trend auch ohne Wahlrecht, das die meisten von ihnen hier noch nicht haben, schon etwas entgegenzusetzen. Marko Martin nimmt sich Zeit, auch darüber zu diskutieren, seine Erfahrungen anschaulich in die heutige Zeit zu spiegeln. Die Runde diskutiert gemeinsam, wie rechte Gruppen auf TikTok so stark werden konnten und Marko Martin hört gerne zu, wenn die Jugendlichen von ihren Erfahrungen berichten. Nach der einführenden Erzählung wurde der Vortrag so zum Dialog und die Jugendlichen diskutierten rege mit.

 

Martin lebt heute als Schriftsteller in Berlin, er hat nach seiner Ausreise im Mai 1989 die neugewonnene Freiheit genossen. Er reiste durch die Welt, holte sein Studium nach und lebte für einige Jahre in Paris. Auf Veranstaltungen wie dieser trägt er sein Lebensthema persönlich statt in Buchform vor und möchte dazu beitragen, seine Erfahrungen so unter jungen Menschen weiterzutragen. Der Moderator und FSJler der Konrad-Adenauer-Stiftung, Luis Brückner, griff zum Ende hin die Ergebnisse der Diskussion noch einmal auf. Es sei wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass man für die Freiheiten und Privilegien der Demokratie eintreten müsse – ob im Ehrenamt oder der Diskussion mit Freunden. Der Querschnitt der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesem Tag will nicht in das Bild der „Jugend in Deutschland“-Studie passen – Aufgabe der Politischen Bildung ist es, diesen Teil zu stärken und in unsicheren Zeiten doch klarzustellen: die Demokratie ist fähig, eure Probleme zu lösen.

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Christian Schleicher

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Stellvertretender Leiter Politische Bildungsforen und Leiter Politische Bildungsforen Süd

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Über diese Reihe

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